Diskussion: Migration in Europa - Deutschland als Vorbild?
Am Mittwoch, den 13. Mai, fand im Theaterkeller des Friedrich-Ludwig-Jahn-Gymnasiums eine Diskussionsrunde zum Thema Asylpolitik in Deutschland statt, die vom Leistungskurs PB der elften Klasse vorbereitet wurde. Kommunalpolitiker sowie Sandy Kias, Leiterin des Asylbewerberheims in Rathenow setzten sich mit der Frage „Migration in Europa - Deutschland als Vorbild?“ auseinander.
Sandy Kias als Leiterin des Asylbewerberheims zum Birkenweg, kritisiert zunächst einmal die Standards der Einrichtung. Sie empfindet die sechs Quadratmeter zum Wohnen und Leben für einen Asylbewerber als unwürdige Unterbringung. Die Betreuung von 120 Asylbewerbern pro Sozialarbeiter sei zudem unzumutbar.
Herr Heinicke, Wissenschaftler im Bereich der Europapolitik, verweist zu Beginn der Diskussion auf die Zahlen. Denn die stehen für sich: Deutschland soll 2015 ungefähr 450 000 Asylbewerber aufnehmen, wovon das Land Brandenburg 13 900 Menschen (3,1%) Asyl gewähren soll. Die Beträge liegen im Promille Bereich, so dass man sich nicht über ungerechte Verteilung auf Länderebene beklagen kann.
Daniel Golze von der Linken bekräftigt das und macht auf das im Grundgesetz verankerte „Recht auf Asyl“ aufmerksam. Steffen Königer, Vertreter der AfD, argumentiert dagegen, denn nur „politisch Verfolgten“ sei das Asyl gewährt. Ansonsten hätten sechs Millionen Menschen aus der Welt das Recht auf Einwanderung. Allerdings fehlt es oft am Nachweis, da Asylbewerber meist ohne Identität nach Deutschland kommen. Doch genau hier liegt das Problem. Die langen Bearbeitungszeiten der Anträge auf Asyl sind für die Betroffenen sehr nervenaufreibend.
Die Linke befürwortet ein schnelleres Asylverfahren und spricht sich für einen unbefristeten Aufenthalt während der Bearbeitungszeit des Antrags aus. Andreas Gensicke, Vorsitzender der CDU in Rathenow, bekräftigt, dass ohne Identität die Asylbewerber zu jeder Zeit abgeschoben werden können. Er gesteht die herrschende Personalnot ein und betont die Notwendigkeit einer Gesetzesgrundlage zur Lösung dieses Problems.
Die AfD will die Probleme ganz nach dem kanadischen Vorbild regulieren. In Kanada hat jeder Asylbewerber ein Recht, seinen Aufenthalt zu verschieben, wenn eine Ausbildung nachgewiesen werden kann. Steffen Königer favorisiert ein Konzept, bei dem der Asylsuchende ab dem ersten Tag in Deutschland Arbeit aufnehmen muss. Zunächst sollte sich jeder Asylbewerber in einem handwerklichen Beruf ausbilden lassen, da es in dieser Brache an Arbeitskräften mangelt.
Die Linke setzt dem jedoch entgegen: Die Anerkennung von Abschlüssen stellt in Deutschland ein beträchtliches Problem dar. Meist sind es hochqualifizierte Leute, die nach Deutschland einwandern. Ca. 60-80% der Asylbewerber sind nicht arm in ihren Herkunftsländern, in Deutschland erhoffen sie sich gut bezahlte Arbeit, doch das ist relativ realitätsfern, so Daniel Golze. Einerseits werden in Deutschland dringend Arbeitskräfte gesucht, doch andererseits sind besonders billige Fachkräfte gefragt.
Deutschland ist keine Willkommensgesellschaft, argumentiert Andreas Gensicke von der CDU. Die deutsche Bevölkerung macht es den Asylbewerbern oft schwer; sie werden von der Seite schief angeguckt und für sie besteht keine Garantie auf Asyl und Arbeit. Eine klischee- und vorurteilhafte Denkweise zeichnet sich bei vielen Deutschen ab. Trotzdem fühlen sich viele Asylbewerber in Deutschland wohl und sicher.
Auf die Frage „Besitzt Deutschland bezüglich der Asylpolitik in Europa einen Vorbildcharakter?“ treten unterschiedliche Sichtweisen auf. Anfangs lenkt Sandy Kias die Aufmerksamkeit auf die ungleichmäßige Verteilung der Asylbewerberzahlen in der EU. Italien, Griechenland und Malta sind u.a. Länder mit sehr hohen Einwanderungsquoten, sodass die Kapazitäten, weitere Asylbewerber aufzunehmen, oftmals schon ausgeschöpft sind. Mit diesem Konflikt werden die Länder von ihrer Regierung allein gelassen. So ist es ganz verständlich, dass die Asylsuchenden weiterreisen und ihre neue Heimat in nördlicheren Ländern suchen, meint Kias. Die EU sei nun am Zug, eine Gleichverteilung der Asylbewerber in den europäischen Ländern herzustellen.
Herr Heinicke spricht schon von einer Vorbildrolle Deutschlands, denn nur zehn EU-Länder erklären sich dazu bereit, überhaupt Asylbewerbern Asyl zu gewähren. Davon nehmen nur Schweden, Frankreich und Deutschland überproportional auf. England und weitere osteuropäische Länder hingegen lehnen es ab, Asylbewerber aufzunehmen.
Abschließend wird ein Denkanstoß von der CDU gegeben: Irgendwann wird die Realität uns überholen, deshalb muss die Regierung handeln, bevor es zu spät ist.
Arabell Dohn, Klasse 11l