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Bücher, die verboten waren

Autor sprach über Schriftsteller in der Nazizeit

MAZ Westhavelländer vom 27.05.2011

RATHENOW Man hätte die sprichwörtliche Stecknadel fallen gehört. Aufmerksam verfolgten 160 Schüler der Klassen 10 bis 12 aus dem Jahngymnasium den Ausführungen von Gerd Berghofer. Mit der Ankündigung einer „ganz besonderen Unterrichtsstunde“ hatte Bärbel Kreft, Leiterin des Gymnasiums, den Schülern keineswegs zu viel versprochen. Dafür war das offene Atelier am Schleusenplatz für zwei Veranstaltungen zum Vorlesesaal geworden.

In Zusammenarbeit mit der Stadtbibliothek hatte das Gymnasium den in Nürnberg geborenen Autor Gerd Berghofer (44 Jahre) eingeladen. Der heute im fränkischen Georgensmünd lebende Berghofer ist Mitglied des Verbandes Deutscher Schriftsteller, hat Gedichtbände und Erzählungen veröffentlicht wie „Der Tod der Feigenverkäuferin“. Seit elf Jahren ist er auch als Vorleser und Rezitator in ganz Deutschland unterwegs. Jährlich wird er zu über 200 Vorleseveranstaltungen eingeladen. Am Dienstag war Berghofer nun in Rathenow.

Ein Glas Wasser und ein paar lose Blätter mit Zitaten beschrieben – mehr war nicht auf dem Tisch. Keine Spur von seinen eigenen Veröffentlichungen. Einen Stuhl brauchte er auch nicht. Berghofer lehnte sich gegen den Tisch, hatte damit seine jungen Zuhörer besser im Blick und erzählte 70 Minuten lang über „Die verbotenen Bücher“ und somit das düsterste Kapitel der deutschen Geschichte, den Nationalsozi-alismus. Autoren, Schriftsteller, Schauspieler, Journalisten und Schauspieler, die nicht in ihrem Sinne schrieben und handelten, setzten die Nazis auf eine „Schwarze Liste“, ihre Bücher und Publikationen wurden verboten. Am 10. Mai 1933 wurden ihre Bücher in Berlin und weiteren 21 Städten öffentlich verbrannt. Auf dem Berliner Opernplatz ließ Joseph Goebbels, Propagandachef der NSDAP, dazu zwölf Feuersprüche verlesen, mit denen die Werke von so namhaften Schriftstellern wie Siegmund Freud, Thomas Mann, Bertold Brecht, Erich Kästner und Kurt Tucholsky ins Feuer geworfen wurden.

„Es wurde nicht nur Papier verbannt, sondern Existenzen vernichtet“, sagte Berghofer mit erhobener Stimme, die wie seine Gesten zeigten, dass er Schauspielunterricht und Sprachausbildung hatte. Ohne jegliches schriftlichen Konzept zeichnete er den Lebens- und Leidensweg verschiedener Schriftsteller. Seine jungen Zuhörer fesselnd, widmete er sich unter anderem Erich Mühsam und Albert Ehrenstein.

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