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Griechische Inflation mit Schafskäse erklärt

Politische Bildung: Finanzstaatssekretärin veranschaulichte am Jahngymnasium die Euro-Thematik

Brawo vom 12.07.2015

Rathenow. (siw) Die großen Zusammenhänge der europäischen Wirtschafts- und Finanzpolitik lassen sich nur schwer vereinfacht erklären. Am Donnerstag versuchte dies die brandenburgische Finanzstaatssekretärin Daniela Trochowski (Die Linke) im Kurs Politische Bildung des 11. Jahrgangs am Rathenower Jahngymnasium.

„Griechenland war schon mit dem Eintritt in die Europäische Union 1980 ein wirtschaftsschwaches Land. Griechenland ist stark von Landwirtschaft geprägt. Der Anteil der griechischen Industrie am Bruttoinlandsprodukt beträgt nur zehn Prozent. In Deutschland sind dies 50 Prozent“, so die Expertin.

„Mit der Einführung des Euro im Jahr 2000 hatte das Land geschönte Angaben über seine damalige Verschuldung gemacht. Durch die geringen Zinsen auf Kredite verschuldete sich Griechenland immer stärker.“ Am Beispiel der Produktion und Kosten für Schafskäse erklärte Daniela Trochowski den Schülern vereinfacht und anschaulich, wie sich die Inflation im Balkanstaat erhöhen würde, wenn Griechenland aus der Euro-Gruppe austreten und seine Drachme wieder einführen würde. „Die Diskussion um den Austritt Griechenlands aus dem Euro sollte beendet werden“, so Trochowski weiter.

„Was passiert mit den Menschen, wenn Griechenland pleite geht?“, fragte Vanessa Wollenschier. „Ihre Lebensbedingungen würden sich stärker verschlechtern. Schon jetzt ist vor allem die Landbevölkerung auf mehr Selbstversorgung angewiesen und auf Naturalwirtschaft umgestiegen - also auf Tausch“, antwortete die studierte Volkswirtschaftlerin.

Ein weiterer Schüler stellte die Frage, ob nicht noch viel mehr Geld an Griechenland fließen müsste, um dessen eigene Wirtschaft zu stärken. „Strukturhilfegelder erhält Griechenland, wie auch andere EU-Länder, auch jetzt schon“, erklärte Trochowski. Die Finanzstaatssekretärin sieht in einer Umschuldung - nicht im Schuldenschnitt - den ersten Schritt zum Abbau der griechischen Verschuldung. Die EU sollte aktuelle griechische Kredite an den IWF oder die Banken bezahlen und die Rückzahlung durch Griechenland zeitlich stärker strecken. Im zweiten Schritt sollte die Wirtschaftskraft Griechenlands gestärkt werden. „Die ehemalige DDR hat seit 1989 insgesamt rund 250 Milliarden Euro unter anderem aus Solidaritätspaketen erhalten, um die Wirtschaftskraft von damals 18 auf heute 70 Prozent zu erhöhen.“

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Ist Griechenland noch zu retten?

Rathenow. Der Minister der Justiz, für Europaangelegenheiten und Verbraucherschutz, Helmuth Markov (Die Linke) wird am kommenden Montag, 18 Uhr, vom havelländischen Kreisverband seiner Partei zu einer Diskussions- und Informationsveranstaltung im Rathenower Kulturzentrum erwartet. Thema „Ist Griechenland noch zur retten?!“ Der Kreisverband wolle die linke Sicht des für Europa im Land Brandenburg zuständigen Ministers und ehemaligen Europaabgeordneten und Finanzexperten zur Lage in Griechenland, zur Lage und Zukunft der EU und den Möglichkeiten und Chancen zur Überwindung der Krise hören und befragen, wie es in der Ankündigung heißt. Ferner wird Apostolos Tsemenis, griechischer Restaurantbesitzer aus Rathenow erwartet, der seine eigene Sicht auf dieses Thema darstellen soll. Am Thema interessierte Bürger sind willkommen.