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Neue Erkenntnisse zum Kriegsende

70 Jahre danach: Was geschah in Rathenow?

Quelle: B. Geske
Wolfram Bleis, Udo Geiseler und Hans-J.Wodtke (v. l.) vor der Ausstellung im Jahngymnasium. Quelle: B. Geske

MAZ vom 06.05.2015

Sieht man vom offiziellen Gedenken zum Tag der Befreiung am morgigen 8. Mai einmal ab, dann ist die Zahl der Veranstaltungen zum Kriegsende vor 70 Jahren im Westhavelland eher klein. Festzustellen ist aber auch, dass gerade in der letzten Zeit im Verhältnis zu früheren Jahren eine Reihe von neuen Büchern zum Thema erschienen ist.

Rathenow. Zu nennen sind hier die Autoren Peter Kurth und Klaus Weidt aus Rathenow, aber auch Günter Müller, Hubert Hofbauer, Wolfgang H.Richter und Manfred Thiel, die sich gegen Ende des Krieges in Rathenow aufgehalten haben.

Wolfram Bleis vom Heimatbund bestätigt, dass in den letzten Jahren viele neue Informationen zum Kriegsende in Rathenow zusammengetragen wurden. Er schränkt aber auch sofort ein, dass es für Heimatforscher noch reichlich Arbeit gibt, weil viele wichtige Fragen bis heute nicht befriedigend beantwortet sind. So könnte stundenlang darüber debattiert werden, warum ausgerechnet um Rathenow so lange gekämpft worden ist – was große Zerstörungen zur Folge hatte. Am frühen Morgen des 25. April 1945 hatte der Angriff in Neufriedrichsdorf begonnen, erst in der Nacht zum 4. Mai hätten die deutschen Truppen die Stadt geräumt.

„Es gibt bis heute keinen definitiven Nachweis dafür“, tritt Wolfram Bleis einem alten Gerücht entgegen, „dass hier auch SS-Einheiten gekämpft haben“. Ebenso gebe es bislang keine Bestätigung durch eine zweite Quelle für die Behauptung eines Autors, die sowjetischen Einheiten hätten besondere Zerstörungswut an den Tag gelegt, weil deutsche Soldaten ihre drei Parlamentäre trotz weißer Fahnen einfach erschossen hätten. Weitgehend gesichert sei dagegen, dass zu Beginn nur wenige schwere Waffen eingesetzt wurden.

Hans-Jürgen Wodtke darf für sich in Anspruch nehmen, dem historischen Denken in der Region einen neuen Impuls gegeben zu haben, als er 2004 Informationen sammelte über Generalfeldmarschall Günther von Kluge. Dieser wohnte von 1930 auf seinem Gut in Böhne und nahm sich im August 1944 das Leben. Bei einer Geschichtswerkstatt, die Wodtke ins Leben rief, wurden über 200 Zuhörer gezählt. Vor wenigen Tagen ist die mittlerweile dritte Broschüre „Die letzten Tage im Krieg und die ersten Wochen im Frieden in der Region um Rathenow“ erschienen, die Hans-Jürgen Wodtke gestaltet und deren Herausgeber der Heimatbund ist.

Heimatbund und Jahngymnasium zeigen gegenwärtig im Theaterkeller der Schule eine Ausstellung mit Berichten und Informationen über das Kriegsende im Raum Rathenow. Lehrer Udo Geiseler arbeitet im Schwerpunktunterricht der Klasse 9 das Schuljahr über an einem Modell der Altstadt, wie sie bis 1945 war. Es gibt eine Förderung aus dem Programm „Denkmal aktiv“ und am Ende soll genau zu erkennen sein, wie die Zerstörungen am Kriegsende das Aussehen der Stadt verändert haben.

Von Bernd Geske

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Ausstellung und Lesung

Die Ausstellung über das Ende des Zweiten Weltkriegs in Rathenow ist noch bis Ende nächster Woche im Theaterkeller des Jahngymnasiums zu sehen. Anmeldung im Sekretariat der Schule unter Tel.  03385/512079.

Eine Lesung aus der gerade erschienenen Broschüre „Die letzten Tage im Krieg und die ersten Wochen im Frieden in der Region um Rathenow“ findet am Donnerstag, 21. Mai, um 17 Uhr im Kulturhaus Fabrikenstraße in Premnitz statt. Eintritt frei.