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Wenn das Klassenzimmer zum Hörsaal wird

Vorlesungsreihe zur Geschichte Brandenburgs

Quelle: Ch. Schmidt
Professor Frank Göse hielt am Gymnasium zwei Vorlesungen zur preußischen Geschichte. Quelle: Ch. Schmidt

MAZ vom 27.03.2015

Die Schule soll aufs Leben vorbereiten. Das sieht auch Udo Geiseler so. Er unterrichtet Geschichte am Rathenower Jahngymnasium und hat schon mehrfach das Interesse seiner Schüler mit außergewöhnlichen Projekten geweckt. Dabei zählt für ihn nicht nur die bloße Wissensvermittlung. Professor Frank Göse hielt am Gymnasium zwei Vorlesungen zur preußischen Geschichte.

Rathenow. Geiseler will Interesse wecken und dem Nachwuchs die Grundlagen wissenschaftlichen Arbeitens näher bringen. Dafür hat er nun den Unterrichtsraum in einen Hörsaal verwandelt und Professoren eingeladen, die Vorlesungen zur Geschichte Brandenburgs hielten. Donnerstagnachmittag gab sich mit Professor Frank Göse einer der bekanntesten Fachwissenschaftler für Brandenburgische Geschichte die Ehre.

In einem 60-minütigen Vortrag referierte Göse über die Zeit zwischen Napoleon und der Reichsgründung. Dabei saßen vor ihm aber nicht nur Geiselers Schüler mit gezückten Stiften. Mehr als zehn interessierte Bürger nutzten die Gelegenheit dem Fachvortrag zu lauschen und machten sich zum Teil eifrig Notizen.

Das Jahngymnasium hatte zu der Veranstaltungsreihe ganz bewusst auch die Öffentlichkeit eingeladen. „Wenn wir schon Experten an unserem Haus haben, sollen auch alle etwas davon haben“, so Geiseler. Dass es gelingt zu jeder Vorlesung ein Stammpublikum anzuziehen, überraschte auch ihn: „Es war erstaunlich, dass zu der ungewöhnlichen Tageszeit regelmäßig bis zu zwanzig Westhavelländer den Weg in unsere Schule fanden“, freut sich Geiseler.

Er hatte das Format gemeinsam mit der Brandenburgischen Historischen Kommission ins Leben gerufen. Damit konnte er auch Göse begeistern, der als stellvertretender Vorsitzender der Kommission fungiert und einen Lehrstuhl am Historischen Institut der Universität Potsdam inne hat. „Wir haben die Idee dankbar aufgegriffen, denn natürlich sind auch wir an der Nachwuchsgewinnung interessiert“, so Göse.

Zuvor hatte Geiseler bereits mit Schülern Vorlesungen an der Uni besucht. Dass nun Professoren an die Schule kommen, ist aber ein Novum. „Ich bin schon ein bisschen stolz, dass sie sich bereit erklärt haben, in die märkische Provinz zu kommen“, erklärt Geiseler. Bei der Umsetzung seiner Idee haben ihm enge Kontakte aus der eigenen Universitätszeit genützt.

Vergangene Woche hatte Frank Göse vor interessierten Schülern und Bürgern eine Vorlesung zum Aufstieg Preußens gehalten. Dieses Mal stand die Revolution 1848/49 im Mittelpunkt. Die Premiere im Unterrichtsraum sei für ihn nicht viel anders gewesen als eine Vorlesung im Hörsaal, so der Professor. Einige Fachbegriffe habe er weggelassen und manches vielleicht genauer erklärt, ansonsten würden sich die Veranstaltungen aber nicht von Univorlesungen unterscheiden.

„Es ist eben kein verschulter Unterricht. Mir ist es wichtig, Hörsaalatmo sphäre zu kreieren“, betont Geiseler. Seine Schüler sollten mitschreiben und anschließend nacharbeiten, eben genau wie im Studium. Die Grundlagen dazu hatte Geiseler ihnen vorab beigebracht. Am Ende soll jeder Schüler eine Seminararbeit abliefern, die ein Niveau wie im Grundstudium hat. Und sie sollen lernen, dass die Forschung nicht immer einer Meinung ist. „Wissenschaft lebt davon, dass man immer wieder alles neu in Frage stellt“, hatte Göse seinen Zuhörern deutlich gemacht.

Von Christin Schmidt

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Vorbereitung auf Berufs- und Studienwelt

Die Vorlesungsreihe „Geschichte Brandenburgs“ wurde im Rahmen eines Seminarkurses angeboten. Ziel ist es, überfachliche Kompetenzen der Schüler zu fordern und zu fördern.

An exemplarischen Fachinhalten sollen den Schülern die ersten Schritte wissenschaftlichen Arbeitens vermittelt werden. Auch die Fähigkeit, sich an einer Hochschule zurechtzufinden und den richtigen Beruf zu wählen, soll mit diesen Veranstaltungen gefördert werden.

Erwünscht ist es, bei den Seminaren mit unterschiedlichen Partnern aus der Region zusammenzuarbeiten. Dementsprechend gibt es für die Seminarkurse keine Rahmenlehrpläne oder engere inhaltliche Vorgaben. Die Lehrkräfte haben insofern einen großen Gestaltungsspielraum.