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Pfarrer Enzel wurde ersetzt

8 für 800: Vortragsreihe über die Reformation und ihre Auswirkungen

Quelle: MZV/Euent
Felix Engel promoviert derzeit an der Uni Potsdam und gab am Dienstag im Rathenower Kulturzentrum Einblicke in die Reformation und ihren Ablauf in Rathenow. Quelle: MZV/Euent

Brawo vom 17.04.2016

Rathenow (MOZ) 8 für 800 heißt die Vortragsreihe, die im Verlaufe diesen Jahres von den Anfängen Rathenows und der Ersterwähnung 1216 bis zur modernen Kreisstadt führt. Am Dienstag referierte Felix Engel als dritter in der Vortragsreihe über die Reformation und ihre Auswirkungen auf. Der Doktorand arbeitet an der Uni Potsdam gerade an seiner Promotion zu dem Thema "Stadt und Reformation in der Mark Brandenburg" und zeigte sich bestens informiert über die damaligen Zusammenhänge.

Im Blauen Saal des Kulturzentrums waren nur wenige Plätze leer geblieben als Felix Engel mit seinen Ausführungen begann. Zunächst beschrieb er kurz das große Ganze, berichtete von Martin Luther und dem berühmten Thesenanschlag 1517 in Wittenberg, dem wir im kommenden Jahr die Feierlichkeiten zu 500 Jahren Reformation zu verdanken haben. Zuerst versuchte Luther noch, innerhalb der katholischen Kirche etwas zu ändern, doch schnell kam es zur Abspaltung. Anlass für Luther war der immer mehr ausufernde Ablasshandel der Priester.

Doch wie lief das alles hier in der Region ab? Gleich am Anfang musste Felix Engel eine ernüchternde Antwort geben. So genau wisse man das nämlich nicht, da die Quellengrundlage ausgesprochen schlecht sei. So setzten die Aufzeichnungen aus Stadt- und Kreisarchiv erst viel später ein und auch im Domarchiv in Brandenburg an der Havel sei nicht viel zur Reformationsgeschichte Rathenows zu finden. Etwas besser sehe es im "Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz" aus. Dieses Archiv ist mit Nichten geheim im heute gebräuchlichen Sinne, sondern das Attribut "geheim" weist es als Zentralarchiv aus. Es geht zurück bis ins 13. Jahrhundert und sammelt alles über Brandenburg-Preußen von der Markgrafenzeit bis ins 20. Jahrhundert.

Gefunden hat Felix Engel dort auch die kirchenamtlichen Aufzeichnungen der Jahre 1540 bis 1558 und in denen kommt Rathenow tatsächlich vor. Denn in dieser Zeit wurden von Kurfürst Joachim II. Kirchenvisitatoren durch das Land geschickt, die die Einkünfte und Besitztümer der Kirchen in den Gemeinden feststellten und neu verteilen sollten.

Joachim I., Vater des ersten reformierten Kurfürsten Joachim II., hatte sich noch entschieden gegen die Reformation ausgesprochen. Seine Frau Elisabeth, eine Dänin, war dem lutherischen Glauben zugetan und floh 1528 nach Wittenberg. Noch in seinem Testament verfügte Joachim I, dass die Mark für alle Zeiten katholischen Glaubens sein solle. Seine Söhne hielten sich jedoch nicht daran, wie Felix Engel wusste. 1535 starb Joachim I. und schon mit Regierungsantritt in seinem Teil der Mark Brandenburg konvertierte Sohn Johann I zum Protestantismus. Sein Bruder, Kurfürst Joachim II., folgte ihm 1538. Damit wurde der Protestantismus auch im Kurfürstentum eingeführt. Inwieweit zuvor schon die Lehren Luthers in den Gemeinden die Runde gemacht hatten, ist zumindest für Rathenow nicht belegt. Es sei jedoch wahrscheinlich, dass Wanderprediger auch in Rathenow schon die Lehren Luthers verbreitet hatten.

Als jedenfalls die Visitationskommission Ende Oktober 1540 nach Rathenow kam, war ein Peter Richter der aktuelle Pfarrer. Der Visitationskommission sollten eigentlich alle Lehen, Einkünfte und Besitztümer der Kirche offengelegt werden, doch so einfach war das gar nicht. Die Lehen waren oftmals an Adlige vergeben, die nicht in der Region waren und viele Zins- und Pachtpflichtige legten ihre Angelegenheiten nicht offen dar oder zahlten einfach gar nicht.

Der durch die Kommission eingerichtete Gemeindekasten, in den alle Einkünfte der Kirche fließen sollten, war daher oft leer. Aus dem Gemeindekasten sollten aber der Pfarrer, seine Helfer und auch Schulmeister und viele mehr bezahlt werden.

Der Übergang zum Protestantismus (und dem Gemeindekasten) war oftmals sehr sanft. So duften viele ihre Lehen bis zu ihrem Tod behalten. Erst danach kamen diese "in den Kasten". So sollten die Menschen vom neuen Glauben überzeugt werden.

Dass die Reformation selten geradlinig und reibungslos verlief, dafür liefert Rathenow ein für Brandenburg einzigartiges Beispiel. So ist ein Streitgespräch zwischen dem dritten Rathenower Pfarrer Christian Enzel, seinem Kaplan und den Visitatoren von 1558 überliefert. Enzel war wohl jemand, der sich sehr den lutherischen Grundsätzen verschrieben hatte. Joachim II. jedoch fand viele der Riten und Bräuche der Katholischen Kirche gut und erließ daher eine Kirchenordnung, in der vieles davon noch durchgeführt werden sollte. Enzel wollte das nicht mitmachen und legte sich mit den Visitatoren, die die Kirchenordnung durchsetzen sollten, an. Folge: Enzel und sein Kaplan wurden ersetzt. Mit einem Kurfürsten war eben damals nicht zu spaßen.

Der nächste geschichtliche Vortrag der Reihe 8 für 800 beschäftigt sich mit dem Städtewesen und findet am 10. Mai statt.

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